Interview
Wir wollen Potsdam besser machen
besser machen
Die Grünraum-Unternehmerin Tanja Mutschischk und der Immobilienökonom Wolfhard Kirsch kandidieren bei der Wahl zur Stadtverordnetenversammlung
am 09. Juni für die Potsdamer CDU.
In folgendem Interview erläutern sie ihre Ideen für ein besseres Potsdam.
Was befähigt Unternehmer besonders für die Politik?
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Kirsch:
Wir sind es gewohnt in Prozessen zu denken und arbeiten zielorientiert. Ein Unternehmer lernt, fertig zu machen. Das ist gerade in der Stadtpolitik von Vorteil.
Welche Aufgabe würden Sie bei einem Wahlsieg der Potsdamer CDU als erste angehen?
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Kirsch:Wir würden die Verwaltung mit mehr Menschen ausstatten und mit mehr Ressourcen. Eine gute Verwaltung sorgt dafür, dass Beamte sich als Dienstleister der Bürger verstehen. In Potsdam hat sich das leider noch nicht bei allen rumgesprochen. Wir brauchen eine Kultur der Ermöglichung, bei der die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt stehen.
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Mutschischk:Außerdem würden wir die Digitalisierung in der Verwaltung weiter vorantreiben. Und zwar so, dass die Vorgänge für den Bürger nachvollziehbar und leicht verständlich sind. Derzeit wird gern erklärt, warum etwas nicht geht und nicht wie es geht.
Die Wahl der Stadtverordnetenversammlung fällt diesmal mit der Europawahl zusammen. Empfinden Sie das als Vorteil oder als Nachteil?
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Kirsch:
Ich glaube, dass die parallele Europawahl zu einer etwas höheren Wahlbeteiligung führt. Das ist sicher von Vorteil. Aber Stadtpolitik hat wenig mit Europapolitik zu tun. Es geht um völlig andere Themen: Wer kümmert sich um die Abfalleimer in meinem Kiez? Wer sorgt dafür, dass Grünflächen erhalten bleiben? Wer ist in der Lage, ausgewogene Konzepte zu machen, die die Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger im Auge behalten. Kommunalwahl sind oft weniger Parteiwahlen, sondern Persönlichkeitswahlen.
Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie in Ihrem Wahlkreis, zu dem Babelsberg und das Zentrum-Ost gehören?
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Mutschischk:Ärgerlich sind die zunehmende Vermüllung und der Vandalismus. Vieles war in Babelsberg schön hergerichtet und gammelt jetzt ein bisschen runter.
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Kirsch:Es mag ja sein, dass der eine oder andere Graffitis schön findet. Die Mehrheit sicher nicht. Das ist nicht das, was eine Stadt lebenswerter macht. In der Sozialwissenschaft gibt es den Begriff der Broken-Windows-Theorie. Die besagt, dass Unordnungserscheinungen im öffentlichen Raum eine mangelnde soziale Kontrolle signalisieren und letztlich zu mehr Verwahrlosung und Kriminalität führen. So weit darf es bei uns nicht kommen. Hauseigentümer sollten sich schnell darum kümmern, Schmierereien zu entfernen.
Was könnte dagegen kurzfristig unternommen werden?
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Kirsch:
Als Bauträger hat mein Unternehmen für jedes Haus eine Graffiti-Versicherung abgeschlossen. Das bedeutet, wenn es einen Graffiti-Schaden gibt, machen wir ein Foto und stellen eine Strafanzeige. Die Beseitigung des Graffitis erfolgt umgehend und wird durch die Versicherung bezahlt. Da das alle unsere Häuser haben, ist es in der Summe günstiger als bei Einzelmaßnahmen. Gerade bei öffentlichen Flächen wäre die Stadt gefragt, Vereinbarungen mit den öffentlichen Trägern zu treffen. Zum Beispiel mit der Deutschen Bahn. Diese Themen wie Graffitis, Schmutz und rausgestellter Müll, der erst viel später abgeholt wird – das sind Dinge, die aktuell schlecht gemanagt werden.
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Mutschischk:Neben der Beseitigung der Schandflecke finde ich es wichtig, dass wir wieder mehr miteinander reden. Das gemeinsame Gefühl für unsere Stadtgesellschaft ist ein wenig verlorengegangen.
Ich finde es wichtig, dass wir wieder mehr miteinander reden. Das gemeinsame Gefühl für unsere Stadtgesellschaft ist ein wenig verlorengegangen.
Es wäre schon viel getan, wenn alle aktuell vorhandenen Bebauungspläne bearbeitet werden.
Wie könnte es im Wohnungsbau besser vorangehen?
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Kirsch:
Es wäre schon viel getan, wenn alle aktuell vorhandenen Bebauungspläne bearbeitet werden. Wir kommen da nicht voran, weil die Mitarbeiter fehlen. Anfang März haben wir in die Stadtverordnetenversammlung den Antrag eingebracht, den Oberbürgermeister mit der Ermittlung der für die Bearbeitung benötigten Kapazitäten zu beauftragen. Solange kein Baurecht geschaffen wird, kann auch nicht gebaut werden. Der Druck auf den Wohnungsmarkt wird immer größer und führt teilweise schon dazu, dass sich Firmen nicht mehr ansiedeln können, weil sie für ihre Leute keinen Wohnraum finden.
Aufgrund höherer Materialpreise und vieler Auflagen ist es für die Stadt ohnehin schwierig geworden, kostengünstig zu bauen. Sozialer Wohnungsbau muss sein. Aber zusätzlicher privater Wohnungsbau verbreitert den Markt und hilft, die Mieten stabil zu halten. Heutzutage bleiben viele Leute in ihren Wohnungen, obwohl sie bereit wären, in eine zu ziehen, die besser zu ihrer Lebenssituation passt. Doch das Angebot ist gar nicht da.
Des Weiteren müssen dringend Prozesse verschlankt werden. Ein Beispiel: Bei Fragen zu einem Bebauungsplan werden Fragesteller ins Stadtplanungsamt geschickt, um nachzufragen ob etwa ein Balkon oder eine Gaube zulässig ist. Warum kann nicht einfach der Fachmitarbeiter in den Bebauungsplan schauen, der am Ende des Tages sowieso alle Anträge koordiniert? Solche Dinge müssen dringend geändert werden.
Wie viel Bürgerbeteiligung und Partizipation ist bei Bauprojekten sinnvoll?
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Kirsch:
Wenig. Es gibt eine Baugesetzgebung. Wenn sie immer tausend Leute haben, die mitreden wollen, wer traut sich dann noch zu bauen?
Projektplanung kostet viel Geld. Wenn die Bebauungspläne gut und die Rahmenbedingungen klar kommuniziert sind, dann wird auch investiert. Für private Investoren müssen die Rahmenbedingungen klar sein. Wenn alles jedoch am Ende davon abhängt, ob die Bürger zustimmen, dann fangen die Privaten gar nicht erst an. Auch für öffentliche Projekte haben wir mit dem Bauausschuss und dem Gestaltungsrat ausreichend Partizipation. Ob die Kompetenz dort immer so vorhanden ist, ist eine andere Frage.
In der Verkehrspolitik muss ein schlüssiges Gesamtkonzept her, das die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt und keinen ausschließt.
Was verändert sich unter der CDU in der Verkehrspolitik?
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Mutschischk:
Hier muss ein schlüssiges Gesamtkonzept her, das die Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer berücksichtigt und keinen ausschließt. Einige aktuelle Projekte, Stichwort Dortustraße, sind ideologisch geprägt. Sie wurden durchgeboxt, ohne die Folgen zu bedenken. Oder auch die Entscheidung, die Stahnsdorfer Straße zu einer Fahrradstraße zu machen. Das war absolut überzogen. Diese Straße hat zum Fahrradfahren gut funktioniert.
Für den ÖPNV wollen wir erreichen, dass man von überall in Potsdam die Innenstadt und den Hauptbahnhof in mindestens 30 Minuten erreichen kann. Ich halte auch E-Roller für eine vernünftige Alternative für die innerstädtische Mobilität. Aber es braucht ein besseres Management. Es muss gegebenenfalls ein Bußgeld geben, wenn sie zu lange auf der Straße stehen oder liegen. Sie stellen eine Gefahrenquelle dar. Am besten wäre es, dem Vorbild anderer Städte wie Paris oder Budapest zu folgen. Da gibt es bestimmte Orte, wo man sie abstellen kann. Wenn der Nutzer das nicht macht, stoppt der Bezahlvorgang nicht.
Perspektivisch wollen wir den Neubau von Mobility-Hubs vorantreiben. Das sind Gebäude, in denen verschiedene Verkehrsmittel und Verkehrsangebote räumlich zusammengeführt werden. Also beispielsweise Ankunft mit dem Auto und dann Umstieg auf ÖPNV oder andere Angebote.
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Kirsch:
Die vielen Straßenbauprojekte in der Stadt zu koordinieren, ist sicher nicht einfach. Solange es auf den Baustellen voran geht, kann man nichts sagen. Aber nehmen wir ein Beispiel wie die Abfahrt Wetzlarer Straße, die noch vor dem Winter geschlossen wurde. Die Baustelle wurde dann vier Monate nicht weiter betrieben. Dann hätte man auch erst im Frühjahr anfangen können.
Hier fehlt gezieltes Management. Ein weiteres Ärgernis sind die fehlenden Parkplätze. In Stadtteilen, in denen die Bevölkerung wächst, kann man nicht gleichzeitig Parkplätze wegnehmen. Da muss man mit Augenmaß rangehen. Neu geschaffener Wohnraum müsste in Verbindung mit Tiefgaragen entstehen. Dann würde es nicht zu einer weiteren Verknappung der Parkplätze kommen.
In Stadtteilen, in denen die Bevölkerung wächst, kann man nicht gleichzeitig Parkplätze wegnehmen.
Das Ordnungsamt ist in den Augen vieler Potsdamer ein reines Bestrafungsamt. Was müsste passieren, damit sich das ändert?
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Kirsch:
Ganz so drastisch sehe ich es nicht. Aber wir sollten die Funktion des Ordnungsamts grundsätzlich stärken. Die können weitaus mehr als nur Parktickets verteilen. Vielleicht sollte die Stadt da manchmal mehr die Zusammenarbeit mit der Polizei suchen. Derzeit kann das Ordnungsamt nur den ruhenden Verkehr prüfen. Aber warum sollten sie nicht auch beim Thema Fahrräder aktiv werden können. Zum Beispiel beim Thema Fahren ohne Licht.
An welchen Stellen hat die alte Koalition zu viel Geld ausgegeben?
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Mutschischk:
Da fallen mir vor allem die Machbarkeitsstudien ein, die für verschiedene Projekte erarbeitet werden. Allen voran die für das Forum an der Plantage. Dafür wurde viel Geld ausgegeben, ohne vorher zu überlegen, was die Stadt eigentlich will. Die aktuellen Führungskräfte haben leider keine richtige Vision, wohin sich Potsdam entwickeln soll. Außerdem wurden für Unternehmen, die noch nicht mal in Potsdam ansässig sind, Studien in Auftrag gegeben. Nur, um dann festzustellen, dass sie doch nicht kommen. Ständig werden Arbeitsgruppen ins Leben gerufen, die aus unserer Sicht oft den falschen Fokus setzen und teilweise Dinge in Frage stellen, die gerade mit Fördermitteln aufwändig zu Ende gebracht worden sind. Viel zu wenig Geld fließt dagegen zum Beispiel in die Instandhaltung oder Straßeninstandsetzung.
Die aktuellen Führungskräfte haben leider keine richtige Vision, wohin sich Potsdam entwickeln soll.
Herr Schubert ist vor fünf Jahren mit großen Ambitionen angetreten. Damals haben Sie, Herr Kirsch, gesagt, man muss ihm ein bisschen Zeit geben und die Chance, sich zu bewähren. Wie sehen sie das heute?
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Kirsch:
Es hat sich gezeigt, dass Herr Schubert unheimlich viele Dinge anschieben und aufreißen kann. Aber er bekommt sie nicht fertig. Was Herr Schubert nicht gut kann, ist, seine Leute zusammenzuhalten, Brücken zu bauen. Das hat sein Vorgänger geschickter gemacht. Mike Schubert ist offenbar mehr an seiner Selbstdarstellung gelegen. Als erster Verwaltungsbeamter der Stadt müsste er hinter seinen Leuten stehen und sie nicht in die Pfanne hauen. Dass ihm zuletzt hinsichtlich der Eintrittskartenaffäre teilweise von seinen eigenen Leuten übel mitgespielt wurde, finde ich bedauerlich. Um es klar zu sagen: Aus meiner Sicht ist es richtig, dass der Oberbürgermeister zu Sportveranstaltungen eingeladen wird und seine Frau mitnehmen kann, die im Übrigen im Ernst-von-Bergmann-Krankenhaus einen hervorragenden Job macht.
Frau Mutschischk, als Grünraumexpertin haben Sie auf die von den Grünen angestoßenen Projekte einen ganz speziellen Blick. Wie fällt Ihr Urteil aus?
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Mutschischk:
Da fallen mir leider überwiegend Dinge ein, die nicht gut gelaufen sind. Oft geht Ideologie vor Sachverstand. Wir hatten es im Naturschutzbereich mal geschafft, dass die Behörden miteinander gearbeitet haben, dass gerade bei Bauvorhaben die Naturschutzbehörden sofort dabei sind. Jetzt hängen wir wieder hinterher. Gerade in Krampnitz erlebe ich, wie spät Anträge kommen, wie spät die notwendigen Behörden überhaupt angesprochen werden, statt sie bereits im Planungsprozess mit einzubeziehen.
Kommen wir zu einem eher privaten Thema. Welche Potsdamer Veranstaltung möchten Sie auf keinen Fall verpassen?
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Kirsch:
Den Brandenburgball. Dort trifft man sehr viel spannende Menschen, kann tolle Gespräche führen und darüber hinaus wunderbar tanzen und essen.
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Mutschischk:
Ich freue mich immer ganz besonders auf die Schlössernacht.
Was sind Ihre Lieblingsrestaurants im Wahlkreis?
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Kirsch:Das Piazza Toscana in der Rudolf-Breitscheid-Straße. Für mich der beste Italiener weit und breit.
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Mutschischk:Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube, ich würde mich für das Hiemke entscheiden.